Integration im Alltag

Die soziale Integration von Migrantinnen und Migranten ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, der das friedliche Zusammenleben zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen sichert.

Projet urbain Pratteln. Foto Fabian Biasio

Wichtige Voraussetzungen sind gegenseitiges Verständnis und Offenheit – und die Möglichkeit, einander zu begegnen.

Miteinander reden...

Am Anfang der sozialen Integration steht in der Regel die persönliche Begegnung. Gelegenheiten dazu ergeben sich am Arbeitsplatz oder in der Schule meist von allein. Etwas anders ist es im Wohnumfeld und in der Freizeit. Oft bleibt es lange Zeit lediglich beim Gruss im Treppenhaus oder bei einigen Sätzen auf der Strasse.

… aber wo?

Nachbarn oder flüchtige Bekanntschaften aus dem Quartier nach Hause einzuladen, ist oft mit Unsicherheiten verbunden, nicht zuletzt bei unterschiedlicher Herkunft: Ist das in der anderen Kultur überhaupt üblich? Trete ich jemandem mit einer spontanen Einladung zu nahe?

Deshalb kann es einfacher sein, Begegnungen in öffentlichen Räumen zu suchen, im Quartiertreffpunkt zum Beispiel oder im Lokal des Gemeindezentrums. Doch nicht alle finden solche Möglichkeiten in der näheren Umgebung.

Begegnungsräume schaffen

Für die soziale Integration sind daher Begegnungsräume entscheidend. In den meisten Städten und grossen Gemeinden gibt es Treffs, die sowohl bestimmten Gruppen (Jugendliche, Seniorinnen und Senioren, Eltern etc.) als auch der gesamten Bevölkerung (kulturelle Anlässe, Spielabende) offen stehen.

Vielfältige und regelmässige Begegnungsmöglichkeiten, die Einheimische und Zugezogene gleichermassen ansprechen, bieten viele Vereine und Organisationen der Zivilgesellschaft: Vom Chor, der auch Lieder aus den Ländern seiner Mitglieder mit Migrationshintergrund singt, über das Hilfswerk, das Spielabende mit Tischspielen aus aller Welt organisiert, bis zu gemeinsamen Veranstaltungen von Kirchgemeinden und Migrantenvereinen.

Mitmachen

Begegnungsräume sind nicht zwangsläufig physische Orte wie ein Treffpunkt oder ein Vereinslokal. Dazu zählen auch gemeinsame Aktivitäten, die zeitlich beschränkt sind. Zum Beispiel die Tradition in ländlichen Gemeinden, kleinere Arbeiten in Freiwilligenarbeit zu erledigen – „Frühlingsputzete“ im Strandbad oder das Auffrischen von Sitzbänken am Aussichtspunkt.

Oft sind neu Zugezogene aber nicht auf dem Laufenden oder getrauen sich nicht, spontan aufzutauchen. Es kann sich lohnen, sie direkt anzusprechen. Denn einige gemeinsame Stunden Arbeiten und Plaudern fördern das Kennenlernen mehr als ein kurzes Gespräch an der 1. August-Feier oder auf dem Weihnachtsmarkt im Dorf.

Mitdenken und mitgestalten

Soziale Integration bedeutet auch, dass die Migrationsbevölkerung in Alltagsfragen genauso mitreden kann wie die einheimische Bevölkerung. Wenn zum Beispiel ein Spielplatz oder ein Treffpunkt eingerichtet wird, macht es einen Unterschied, ob die Menschen, die diesen Ort nutzen sollen, einbezogen werden. Sie denken gerne bei der Planung mit. Genauso gerne legen sie mit Hand an, wenn es um die Einrichtung „ihres“ Ortes geht.

In vielen Ländern hat das Mitreden und Mitgestalten in Belangen, welche die Gemeinschaft angehen, Tradition. Zuwanderer aus diesen Ländern pflegen die Gemeinschaftsarbeit auch hier gerne, wenn sie die Möglichkeit dazu erhalten. Die Beteiligten lernen sich beim Diskutieren, beim Anlegen des Sandkastens oder beim Streichen der Räume kennen und bleiben manchmal auch nach Ende des Projekts in Kontakt.

Quartierentwicklung

Besondere Herausforderungen stellen sich in Quartieren, in denen ganz unterschiedliche Bevölkerungsgruppen leben und eine hohe Wohndichte mit wenig Grünflächen und Freizeitmöglichkeiten aufweisen. Bund, Kantone und Gemeinden haben zwischen 2008 und 2015 das Programm „Projets urbains“ durchgeführt, um die Lebensqualität in solchen Quartieren nachhaltig zu verbessern und so günstige Voraussetzungen für das friedliche Zusammenleben zu schaffen.

Die Erfahrungen und Lehren aus diesem Programm in Agglomerationsgemeinden sowie kleineren und mittleren Städten stehen für weitere Quartierentwicklungsprojekten zur Verfügung. Mehr dazu erfahren Sie unter www.projetsurbains.ch.

Integration geht alle an

Insgesamt gelingt die soziale Integration im Alltag in der Schweiz gut. Die einen knüpfen Kontakte in der Nachbarschaft, andere in Vereinen oder Sportclubs. Doch nicht alle haben in ihrem Alltag die Gelegenheit, zusammen zu kommen. Daher braucht es auch in Zukunft vielfältige Begegnungsmöglichkeiten. Diese Möglichkeiten zu schaffen und zu nutzen, ist eine Aufgabe, die alle angeht: Staat und Bevölkerung, Zivilgesellschaft und Individuen, Einheimische und Zugewanderte.