Hoffmann Neopac AG – Mit Dreissig in die Lehre? Kein Problem!
Der Verpackungshersteller Hoffmann Neopac AG ermöglicht langjährigen Mitarbeitenden ohne berufliche Ausbildung eine zweijährige Attestlehre (EBA). Wer dafür zuerst einen Deutschkurs besuchen muss, erhält die Hälfte der Kosten von der Firma zurückerstattet.
Seit 2008 bietet das Familienunternehmen Hoffmann Neopac AG langjährigen, talentierten Angestellten ohne Berufsabschluss die Möglichkeit, eine Attestlehre (EBA) im Betrieb nachzuholen. Je nach Bedarf werden alle zwei Jahre mehrere Mitarbeitende Jahr ausgebildet. 2010 schloss der erste Mechanikpraktiker seine Ausbildung ab. 2012 folgten zwei Mitarbeitende seinem Beispiel erfolgreich, und im Sommer 2014 werden wiederum zwei Mitarbeitende die Prüfung absolvieren.
Vier Lehrstellen für Angestellte
Insgesamt bietet die Firma mit Standorten in Oberdiessbach und Thun für vier erwachsene Angestellten Attestlehren als Logistik- und Mechanikpraktiker/in sowie Kunststoffverarbeiter/in an. Sie erhalten während der Ausbildung ihren üblichen Lohn ausbezahlt. Da sie dank ihrer langjährigen Erfahrung im Betrieb während der Lehrzeit wesentlich besser einsetzbar seien als jugendliche Lernende, falle die Differenz des Lohns zu einem Lehrlingslohn nicht sehr stark ins Gewicht, erklärt die Personalleiterin Lilian Gerber.
Potenziale nutzen
Die Idee der Attestlehre für erwachsene Angestellte geht auf die Notwendigkeit zurück, insbesondere in der Produktion besser qualifizierte Leute einzusetzen. Statt neues Personal anzustellen, erachtet es das Unternehmen aus personalpolitischen und betriebswirtschaftlichen Gründen als sinnvoller, motivierte und talentierte langjährige Mitarbeitende auszubilden. Der Mehrwert der Attest-Ausbildungen erhöhe sich zusätzlich, weil die Mitarbeitenden vertraglich dazu verpflichtet würden, danach noch drei Jahre in der Firma zu bleiben, führt Lilian Gerber aus. Diesen Deal gingen die Angestellten gerne ein, denn für sie sei die Attestlehre „eine einmalige Chance, die Berufsausbildung nachzuholen“. Diese Möglichkeit stehe allen offen, die gute Leistungen erbringen und einwandfreies Verhalten an den Tag legen, unabhängig von ihrer Nationalität. Dass alle bisher Ausgebildeten einen Migrationshintergrund haben, schreibt die Personalleiterin dem Zufall zu.
Vom Experiment zur Erfolgsgeschichte
Driton Shala, Jahrgang 1977, war der erste, der vom Ausbildungsangebot profitierte. Der 1997 aus Kosovo Eingewanderte stieg als Linienführer nach der Attestlehre "Mechanikpraktiker“ zum Einrichter und anschliessend zum Schichtleiter auf. Was als Experiment begann, wurde zu einer Erfolgsgeschichte. Driton Shala machte nach seinem Abschluss betriebsinterne Werbung für die Lehre. „Die Mitarbeitenden spornen einander an. Sie sehen, dass Leistung, Verhalten und Einsatz belohnt werden“, beobachtet Lilian Gerber und betont: „Ich habe Riesenfreude am Erfolg des Versuchs, der schon längst keiner mehr ist.“ Die Firma habe kein eigentliches Konzept für Integrationsförderung. „Wir leben unsere Personalpolitik und fördern/fordern dadurch unser Mitarbeiter einfach. Das bewährt sich.“